LMP: Gemeinnützige Organisationen

Non-Profit-Brief I 2025

STEUERLICHE NEUERUNGEN IM GEMEINNÜTZIGKEITSRECHT

Der Jahreswechsel 2024/2025 hat für das Gemeinnützigkeitsrecht diverse steuerliche Neuerungen bereitgehalten. Durch insgesamt drei kürzlich verabschiedete Gesetze wurden die Regelungen zur Besteuerung gemeinnütziger Körperschaften in verschiedenen Bereichen angepasst und ergänzt. In der ersten Ausgabe des Non-Profit-Briefs des Jahres 2025 möchten wir Ihnen deshalb einen kompakten Überblick über die gesetzlichen Neuerungen geben:

 

I. Wachstumschancengesetz 2024 (BGBl. 2024 I, Nr. 108)

Mit dem am 27.03.2024 bekanntgegebenen Wachstumschancengesetz 2024 wurde die Vorschrift des § 50 EStDV und damit die zentrale Norm für die Zuwendungsbestätigung angepasst. Ab dem 01.01.2025 setzt der Spendenabzug für Zuwendungen an nicht im Inland ansässige Zuwendungsempfänger verpflichtend sowohl eine Eintragung der Empfängerkörperschaft im Zuwendungsempfängerregister (vgl. § 60b AO sowie Ausgabe II/2024 des Non-Profit-Briefs) als auch die Ausstellung einer Zuwendungsbestätigung nach amtlichem Vordruck voraus. Durch die Änderung des § 50 Abs. 1 S. 2 und 3 EStDV wird den ausländischen Zuwendungsempfängern der Weg zum Zuwendungsnachweis über die amtlich vorgeschriebenen Vordrucke bzw. die elektronische Spendenquittung eröffnet und damit der Spendenabzug an im EU-/EWR-Ausland ansässige Zuwendungsempfänger vereinfacht.

 

II. Viertes Bürokratieentlastungsgesetz (BGBl. 2024 I, Nr. 323)

Die selbstlose Unterstützung körperlich, geistig und/oder seelisch (§ 53 Nr. 1 AO) oder wirtschaftlich (§ 53 Nr. 2 AO) hilfebedürftiger Personen stellt als Förderung mildtätiger Zwecke eine steuerbegünstigte Betätigung dar.

Wirtschaftlich hilfebedürftig waren bislang nach § 53 Nr. 2 AO zunächst nur Personen, deren Bezüge das Vierfache, bei Alleinstehenden und Alleinerziehenden das Fünffache, des Regelsatzes der Sozialhilfe i. S. d. § 28 des Zwölften Sozialgesetzbuchs nicht übersteigen und denen die Verwendung eines etwa vorhandenen und zur nachhaltigen Verbesserung ihres Unterhalts ausreichenden Vermögens nicht zugemutet werden kann. Darüber hinaus erlaubte § 53 Nr. 2 S. 3 AO a. F. – auch bei Übersteigen der maßgeblichen Einkommensgrenzen – die Unterstützung von Personen, deren wirtschaftliche Lage aus besonderen Gründen zu einer Notlage geworden ist.

Die Finanzverwaltung ergänzte den Anwendungserlass zu § 53 AO mit BMF – Schreiben vom 05.02.2024, in dem sie in einer neuen Nummer 13 eine Auslegungsregelung zur Hilfe in wirtschaftlichen Notlagen aus besonderen Gründen aufnahm. Nach der Verwaltungsanweisung sind besondere Gründe i. S. d. § 53 Nr. 2 S. 3 AO insbesondere Katastrophen, die durch Erlass des Bundesministeriums der Finanzen oder einer der obersten Finanzbehörden der Länder festgestellt wurden. Der AEAO stellt zudem klar, dass Personen in Notlagen unabhängig von ihren Einkommens- und Vermögensgrenzen nach § 53 Nr. 2 S. 1 und 2 AO hilfebedürftig sind, soweit durch die Katastrophe unvorhersehbare Mehraufwendungen verursacht wurden, denen keine Ansprüche auf Leistungen von Dritter Seite gegenüberstehen. Es reicht in diesem Zusammenhang aus, wenn die durch die jeweilige Katastrophe entstandene Notlage sowie die dafür erforderlichen Mehraufwendungen glaubhaft gemacht werden.

Durch das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz wird die steuerbegünstigte Katastrophenhilfe nunmehr zum 01.01.2025 durch Einfügung eines neuen § 53 Nr. 3 AO gesetzlich festgeschrieben. Nach dem aus § 53 Nr. 2 S. 3 AO übernommenen Grundtatbestand verfolgt eine Körperschaft gem. § 53 Nr. 3 S. 1 AO mildtätige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, Personen selbstlos zu unterstützen, deren wirtschaftliche Lage aus besonderen Gründen zu einer Notlage geworden ist. Als besondere Gründe im Sinne dieser Vorschrift gelten nach Satz 2 insbesondere Katastrophen, die durch Erlass des Bundesministeriums der Finanzen oder einer obersten Finanzbehörde der Länder festgestellt wurden.

Für die Hilfe in Katastrophenfällen reicht es gem. § 53 Nr. 3 S. 3 AO für den Nachweis der Hilfebedürftigkeit aus, wenn die durch die Katastrophe entstandene Notlage sowie die Mehraufwendungen glaubhaft gemacht werden. Anders als bei § 53 Nr. 2 AO gelten die Bezüge- und Vermögensgrenzen hier nicht, so dass es im Ergebnis keiner wirtschaftlichen Bedürftigkeit im sozialhilferechtlichen Sinne bedarf. Die gesetzliche Regelung in § 53 Nr. 3 AO hat weite Teile der bisherigen Verwaltungsregelung übernommen. Unberücksichtigt im Gesetz bleiben jedoch die dortigen Bestimmungen zur Nachrangigkeit der Hilfeleistungen gegenüber Ansprüchen von Dritten. Dem AEAO Nr. 13 Abs. 3 zu § 53 AO entsprechende Ausführungen enthält jedoch die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 20/13015, S. 98).

 

III. Jahressteuergesetz 2024 (BGBl. 2024 I, Nr. 387)

Durch das Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) vom 05.12.2024 wurde zunächst die im Koalitionsvertrag der „Ampel-Regierung“ angekündigte „neue Wohngemeinnützigkeit“ gesetzlich festgeschrieben. Dies erfolgte durch Einführung eines neuen gemeinnützigen Katalogzwecks in § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 27 AO. Die gesetzliche Neuregelung tritt mit Wirkung zum 01.01.2025 in Kraft. Zukünftig ist also die vergünstigte – d. h. unentgeltliche oder unter der marktüblichen Miete angesetzte – Wohnraumüberlassung an Personen im Sinne des § 53 AO als gemeinnützig anzuerkennen.

Die Vorschrift des § 53 Nr. 2 AO ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bezüge der Mietenden nicht höher sein dürfen als das Fünffache des Regelsatzes der Sozialhilfe im Sinne des § 28 des Zwölften Sozialgesetzbuchs; bei Alleinstehenden oder Alleinerziehenden tritt an die Stelle des Fünffachen das Sechsfache des Regelsatzes. Die Hilfebedürftigkeit muss nur zu Beginn des jeweiligen Nutzungsverhältnisses vorliegen (§ 53 Abs. 2 S. 1 Nr. 27 S. 3 AO), sodass eine Verbesserung der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse des den Wohnraum nutzenden Menschen nach Beginn des Nutzungsverhältnisses unschädlich wäre.

Nach der Regierungsbegründung ist die vergünstigte Wohnraumüberlassung als ideelle Zweckverwirklichung anzusehen, so dass etwaige Mieteinnahmen sowie damit zusammenhängende Ausgaben dem ideellen Bereich der gemeinnützigen Körperschaft zuzuordnen wären. Neben der Einführung der Wohngemeinnützigkeit wurde mit dem JStG 2024 noch eine klarstellende Regelung zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bei der Bildung projektgebundener Rücklagen aufgenommen. Gemeinnützige Körperschaften dürfen gem. § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO eine zur nachhaltigen Erfüllung ihrer Satzungszwecke erforderliche Rücklage bilden. Mit der zum 01.01.2025 in Kraft getretenen Ergänzung in § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO wird nunmehr gesetzlich klargestellt, dass für die Beurteilung der Erforderlichkeit auf den Stand der Planung zum Zeitpunkt der Rücklagenbildung und damit auf die „ex-ante-Perspektive“ abzustellen ist. Nach der Entwurfsbegründung zielt die Ergänzung auf „mehr Rechts- und Planungssicherheit“ für „langfristigere und mittelintensive gemeinnützige Vorhaben“ insbesondere im Immobiliensegment ab. Die Ergänzung scheint somit im Zusammenhang mit der Einführung der Wohngemeinnützigkeit (s. o.) für
erforderlich gehalten worden zu sein.

Abseits des Gemeinnützigkeitsrechts bringt das JStG 2024 noch weitere für steuerbegünstigte Körperschaften relevante Gesetzesänderungen. Neben einer Änderung zur Umsatzsteuerbefreiung von Bildungsleistungen i. S. d. § 4 Nr. 21 UStG wurden auch die Vorschriften für sog. Kleinunternehmer i. S. d. § 19 UStG überarbeitet. Darüber hinaus wurde die Bestimmung zur Erbschaft- und Schenkungsteuerbefreiung i. S. d. § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c ErbStG) für Zuwendungen u. a. an ausländische gemeinnützige Körperschaften, die bei fiktiver beschränkter Steuerpflicht in Deutschland wegen Gemeinnützigkeit steuerbegünstigt wären, geändert. Zuletzt wurden die Regelungen zur Steuerbefreiung von Erträgen gemeinnütziger Körperschaften aus einem Investmentfonds i. S. d. § 8 Abs. 4 S. 2 und § 10 Abs. 6 InvStG überarbeitet.

Folgende Vorschläge des Bundesrates wurden im Rahmen des JStG 2024 im Ergebnis jedoch nicht umgesetzt:

  • Erhöhung der Freibeträge i. S. d. § 24 Abs. 1 KStG und § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 GewStG von 5.000,00 € auf 7.500,00 €
  • Erhöhung der Besteuerungsfreigrenze für den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i. S. d. § 64 Abs. 3 AO von 45.000,00 € auf 55.000,00 €

 

IV. Ausblick

Im Vergleich zu den umfassenden geplanten Änderungen wurde durch die Verabschiedung der oben näher beschriebenen Gesetze nur eine überschaubare Zahl der insgesamt bestehenden Reformvorhaben im Bereich der Gemeinnützigkeit umgesetzt.

Folgende – im Koalitionsvertrag sowie in Gesetzesentwürfen der „Ampel-Regierung“ enthaltene – Reformvorschläge sind in Folge der am 27.12.2024 verkündeten Auflösung des Deutschen Bundestages somit (zumindest zunächst) hinfällig geworden:

  • Gesetzliche Klarstellung der Zulässigkeit gelegentlicher Stellungnahmen zu tagespolitischen Themen außerhalb des Satzungszweckes in einem neuen § 58 Nr. 11 AO
  • Festschreibung der Zweckbetriebseigenschaft von Photovoltaikanlagen als Selbstversorgungseinrichtungen i. S. d. § 68 Nr. 2 Buchst. b AO
  • Streichung des Gebots der zeitnahen Mittelverwendung in § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO und aller flankierenden Regelungen in den §§ 58, 62 und 63 AO
  • Anhebung der sog. Übungsleiter- sowie Ehrenamtspauschale in § 3 Nr. 26 und Nr. 26a EStG von 3.000,00 auf 3.300,00 € bzw. von 840,00 auf 900,00 €
  • Schaffung von Rechtssicherheit für „gemeinnützigen Journalismus“
  • Gemeinnützigkeit von „E-Sport“ Es bleibt abzuwarten, wie sich die zukünftige Regierung zu den noch offenen Reformvorhaben
    positionieren wird.