LMP: Gemeinnützige Organisationen

Non-Profit-Brief II 2025

ERRICHTUNG NICHTRECHTSFÄHIGER STIFTUNGEN

Unter einer nichtrechtsfähigen Stiftung versteht man die Zuwendung von Vermögenswerten durch den Stifter an eine natürliche oder juristische Person als Treuhänder der Stiftung mit der Maßgabe, die übertragenen Werte dauerhaft zur Verfolgung eines vom Stifter festgelegten Zwecks zu nutzen. Die Zuwendung von Vermögen setzt dabei sowohl den zivilrechtlichen als auch wirtschaftlichen Eigentumsübergang des Vermögens vom bisherigen Eigentümer (Stifter) auf den neuen Eigentümer (Treuhänder) voraus. Die Stiftung bzw. ihr Treuhänder muss somit über das übergegangene Vermögen im Verhältnis zum Stifter tatsächlich und rechtlich frei verfügen können (vgl. BFH-Urteil vom 28.06.2007, II R 21/05, BStBl II 2007, 669).

Zivilrechtlich ist die nichtrechtsfähige Stiftung kein Rechtssubjekt. Sie ist vielmehr dem Treuhänder als Stiftungsträger zugeordnet, der seinerseits einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtig ist. Körperschaftsteuerrechtlich ist die nichtrechtsfähige Stiftung (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG) jedoch der rechtsfähigen Stiftung (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG) gleichgestellt. Die nichtrechtsfähige Stiftung ist damit gem. § 51 Abs. 1 S. 2 AO auch eine Körperschaft im Sinne des Gemeinnützigkeitsrechts und kann somit die Steuerbegünstigung i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG grundsätzlich in Anspruch nehmen.

Im Vergleich zur rechtsfähigen Stiftung benötigt die nichtrechtsfähige Stiftung keine staatliche Anerkennung (§ 80 BGB) und unterliegt folglich auch nicht der Stiftungsaufsicht. Darüber hinaus ist für ihre Errichtung aus zivilrechtlicher Sicht keine besondere Form vorgesehen. Sofern jedoch eine Steuerbegünstigung i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG angestrebt werden sollte, ist eine den Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrecht (vgl. §§ 59 bis 61 AO) entsprechende Satzung erforderlich.

Vorteil der nichtrechtsfähigen Stiftung ist im Ergebnis also vor allem die einfachere Handhabung bei Errichtung und laufender Geschäftsführung. Sie empfiehlt sich daher vor allem für kleinere Stiftungen, deren Vermögensverwaltung nur geringfügigen Aufwand erfordert und daher kostengünstiger durch den Stiftungsträger erledigt werden kann.

Das Finanzgericht Köln hat sich in seinem Urteil vom 25.05.2023 (Az.: 10 K 2066/21) u. a. mit der Frage auseinandergesetzt, wann eine steuerlich beachtliche Übertragung von Vermögen auf eine nichtrechtsfähige Stiftung vorliegt.

Klägerin war eine rechtsberatende Gesellschaft, die als Treuhänderin Trägerin einer nichtrechtsfähigen Stiftung war. Die Stiftung wurde durch den Stifter im Jahr 2009 durch die Übertragung von Vermögenswerten in Form von Büchern errichtet. Gleichzeitig mit Errichtung der Stiftung wurde eine Satzung erlassen, mit der die Förderung gemeinnütziger Zwecke (Förderung von Kunst und Kultur) festgelegt wurde. Die Stiftung wurde vom zuständigen Finanzamt bis einschließlich des Jahres 2016 als gemeinnützig anerkannt. Für das Jahr 2017 erließ das beklagte Finanzamt einen Körperschaftsteuerbescheid über 0 Euro, mit dem es die Gemeinnützigkeit der Stiftung aberkannte. Begründet wurde die Aberkennung der Gemeinnützigkeit mit Zweifeln an der tatsächlichen Ausübung des begünstigten Zwecks sowie an der Selbstlosigkeit der Stiftung. Entsprechend ging das Finanzamt bei der Veranlagung für das Jahr 2018 vor. Gegen die Bescheide zur Körperschaftsteuer 2017 und 2018 wendete sich der Kläger zunächst im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren und nach Erlass einer die Einsprüche ablehnenden Einspruchsentscheidung schließlich auch im finanzgerichtlichen Klageverfahren. Das Finanzgericht wies die Klage mit Urteil vom 25.05.2023 ab und stellte fest, dass die von der Klägerin verwaltete nichtrechtsfähige Stiftung nicht gemeinnützig i. S. v. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG ist. Ungeachtet der Frage, ob die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG i. V. m. §§ 51 bis 68 AO erfüllt sind, fehle es bereits an einer wirksamen Gründung der Stiftung.

Der Senat bezweifelte bereits die rechtliche und/oder jedenfalls wirtschaftliche Übertragung der Vermögensgegenstände vom Stifter auf die Treuhänderin im Zeitpunkt der Errichtung. Es fehle insbesondere an einer klaren Dokumentation, was zu Lasten der Klägerin gehe, der die Feststellungslast obliegt. Das Finanzgericht stellte klar, dass die Errichtung einer nichtrechtsfähigen Stiftung den zivilrechtlichen wie wirtschaftlichen Eigentumsübergang des Vermögens vom bisherigen Eigentümer (Stifter) auf den neuen Eigentümer (Treuhänderin) voraussetze. Daraus folge, dass die Stiftung bzw. ihre Treuhänderin über das auf sie übergegangene Vermögen im Verhältnis zum Stifter tatsächlich und rechtlich frei verfügen können muss. Keine Übertragung von Vermögen auf eine Stiftung liege jedoch dann vor, wenn dem Übertragendem (Stifter) weiterhin umfassende Herrschaftsbefugnisse über das Stiftungsvermögen zustehen oder das Stiftungsvermögen den Herrschafts- und Einflussbereich des bisherigen Eigentümers nicht verlässt.

Seine Überzeugung begründete der Senat zum einen damit, dass im Stiftungsgeschäft selbst lediglich eine Ankündigung einer Übereignung von Vermögen festgelegt wurde. Eine tatsächliche Übereignung dieser Vermögenswerte sei im Stiftungsgeschäft jedoch nicht schriftlich festgehalten, so dass allein die Behauptung des Stifters als Nachweis nicht ausreiche. Neben der reinen Behauptung können auch weder die für Zwecke des Spendenabzugs erstellten Zuwendungsbestätigungen noch die Jahresberichte der Stiftung, in denen die Vermögensübergänge schriftlich behauptet werden, als hinreichende Nachweise dienen. Erschwerend komme hinzu, dass zwischen den Beteiligten enge Verflechtungen bestanden, die umso mehr eine hinreichende Beweisvorsorge erforderlich gemacht hätten. Das Finanzgericht konnte auch keine Heilung eines (formunwirksamen) Verpflichtungsgeschäfts durch eine tatsächliche Bewirkung der Zuwendung feststellen, da sich aus dem Gesamtbild der Verhältnisse ergebe, dass die der Stiftung zugedachten Gegenstände den Herrschaftsbereich des Stifters nie verlassen haben.

Da das Finanzgericht bereits die wirksame Errichtung der nichtrechtsfähigen Stiftung bestreitet, komme es faktisch nicht mehr darauf an, ob die Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts im Hinblick auf die unmittelbare und selbstlose Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke in den Streitjahren erfüllt waren. Das Finanzgericht nahm dazu jedoch – trotz fehlender Entscheidungsrelevanz – Stellung und führte im Ergebnis aus, dass die Stiftung überwiegend den eigenwirtschaftlichen Interessen des Stifters gedient habe, was insbesondere durch die Vermietung von Räumlichkeiten zu einem überhöhten Preis, durch die Nutzung der Stiftung zur Lagerung privater Gegenstände und durch die erhebliche Steuerersparnis, die der Stifter durch die Stiftung erzielte, deutlich werde.

Das Urteil zeigt vor allem auf, wie wichtig eine klare Dokumentation sowohl für die (behauptete) Vermögensübertragung im Zuge der Errichtung einer nichtrechtsfähigen Stiftung sowie für die tatsächliche Geschäftsführung einer gemeinnützigen Organisation ist.

 

KEINE GEMEINNÜTZIGKEIT FÜR EXTREMISTISCHE KÖRPERSCHAFTEN

Die Gewährung der Steuerbegünstigung i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG setzt voraus, dass sich die Einrichtung an die verfassungsmäßige Ordnung hält. Die Steuerbegünstigung ist also grundsätzlich immer dann ausgeschlossen, wenn die Betätigung einer Körperschaft gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstößt. Dies kann beispielsweise bei Verstößen gegen steuerliche Rechtsvorschriften (z. B. bei Steuerhinterziehung) oder bei Verstößen in anderen Rechtsgebieten der Fall sein (z. B. bei Unterschlagung oder einem Aufruf zur Nichtbefolgung polizeilicher Anordnungen).

Dieser allgemeine Grundsatz wurde durch den im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19.12.2008 ergänzten § 51 Abs. 3 AO dahingehend konkretisiert, dass eine Körperschaft nur dann als steuerbegünstigt anerkannt werden kann, wenn sie nach ihrer Satzung und bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung keine Bestrebungen nach § 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes fördert und dem Gedanken der Völkerverständigung nicht zuwiderhandelt. Durch diese Regelung sollen also insbesondere diejenigen Vereine von der Anerkennung als gemeinnützig ausgeschlossen werden, deren Zweck oder Tätigkeit namentlich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen geeignet ist. Durch die zusätzliche Aufnahme des Tatbestands des Zuwiderlaufens gegen den Gedanken der Völkerverständigung sollen beispielsweise ausländerextremistische Vereine von der Zuerkennung der Steuerbegünstigung ausgeschlossen werden.

Bei Körperschaften, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistische Organisation aufgeführt sind, besteht gem. § 51 Abs. 3 S. 2 AO die widerlegbare Vermutung, dass diese Einrichtungen nicht steuerbegünstigt sind. Der Tatbestand des § 51 Abs. 3 S. 2 AO ist jedoch nur bei solchen Organisationen erfüllt, die in einem Verfassungsschutzbericht ausdrücklich als extremistisch eingestuft werden. Da diese gesetzliche Vermutung eine Umkehr der objektiven Beweislast zur Folge hat, liegt es in der Sphäre der die Steuervergünstigung begehrenden Körperschaft nachzuweisen, dass sie gleichwohl keine extremistischen Ziele fördert. Um die gesetzliche Vermutung zu widerlegen, ist der volle Beweis des Gegenteils der vermuteten Tatsache erforderlich; eine bloße Erschütterung der Vermutung ist dagegen nicht ausreichend. Die Hürden zur Erbringung des Beweises des Gegenteils sind derart hoch, dass davon auszugehen ist, dass eine Körperschaft, die gegen die Benennung als extremistische Organisation in einem Verfassungsschutzbericht nicht verwaltungsgerichtlich vorgegangen ist und dort obsiegt hat, nicht den vollen Beweis des Gegenteils erbringen kann (vgl. BFH-Urteil vom 14.03.2018, Az.: V R 36/16).

Der Bundesfinanzhof hat dazu kürzlich mit seinem Urteil vom 05.09.2025 (Az.: V R 36/21) klargestellt, dass eine Versagung der Steuerbegünstigung nach § 51 Abs. 3 S. 2 AO nur dann in Betracht kommt, wenn die betreffende Körperschaft als selbständiges Steuersubjekt in einem Verfassungsschutzbericht als extremistische Organisation aufgeführt ist. Nicht hinreichend für die Versagung der Steuervergünstigung sei es demgegenüber, wenn etwa eine weitgehend namensgleiche Dachorganisation im Verfassungsschutz benannt wird.

Geklagt hatte eine selbständige Landesorganisation in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins, deren Bezeichnung teilweise wortgleich in dem Namen der ebenfalls selbständigen Bundesorganisation enthalten war. Der Name der Bundesorganisation enthielt darüber hinaus eine Abkürzung. Die Verfassungsschutzberichte eines Landes enthielten Ausführungen zu beiden Organisationen. Der jeweilige Anhang der Verfassungsschutzberichte, der extremistische Organisationen aufführt, nannte nur den wortgleichen Namensteil und die Abkürzung. Das Finanzamt versagte der Landesorganisation daraufhin die Steuerbefreiung, da sie nach Auffassung des Finanzamtes in Verfassungsschutzberichten als extremistisch aufgeführt war und die deshalb nach § 51 Abs. 3 S. 2 AO geltende Vermutung nicht widerlegt werden konnte.

Der Bundesfinanzhof hob die gegen den Kläger gerichtete Entscheidung auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurück. Er führte in seinem Urteil aus, dass die widerlegbare Vermutung des § 51 Abs. 3 S. 2 AO zwar bereits dann eingreift, wenn eine Körperschaft in einem Verfassungsschutzbericht ausdrücklich als extremistisch aufgeführt ist und dafür die Erwähnung im Anhang des Verfassungsschutzberichtes genügt. Er machte jedoch deutlich, dass es nicht ausreicht, wenn aus den Verfassungsschutzberichten nicht klar hervorgeht, welche Körperschaft als selbständiges Steuersubjekt gemeint ist. Die Anwendung der Vermutungsregel des § 51 Abs. 3 S. 2 AO erfordere vielmehr die Feststellung, dass gerade die Körperschaft, deren steuerrechtliche Gemeinnützigkeit versagt werden soll, als selbständiges Steuersubjekt in einem Verfassungsschutzbericht ausdrücklich als extremistisch bezeichnet wird und nicht ein hiervon verschiedenes, selbständiges Steuersubjekt. Die Norm sei somit steuersubjektbezogen anzuwenden, so dass die jeweilige Körperschaft eindeutig identifizierbar sein muss. Eine „Konzernbetrachtung“ finde folglich nicht statt.

Das Finanzgericht hat nun in einem zweiten Rechtsgang zu prüfen und zu würdigen, ob die Klägerin als selbständiges Steuersubjekt in den Verfassungsschutzberichten aufgeführt ist.

Am gleichen Tag urteilte der Bundesfinanzhof noch zu einer weiteren Frage im Zusammenhang mit der Steuerbegünstigung für extremistische Körperschaften. Der Kläger des dem Revisionsverfahren vorgeschalteten Klageverfahrens, ein Verein, war in Verfassungsschutzberichten erwähnt; ab 2009 wurde er auch im Anhang eines Verfassungsschutzberichtes genannt, der extremistische Organisationen aufführt. Das zuständige Finanzamt versagte dem Kläger deshalb die Steuerbegünstigung. Der Bundesfinanzhof hob das der Klage stattgebende Urteil des Finanzgerichts am 05.09.2024 auf und verwies die Sache zurück an das Finanzgericht (Az.: V R 15/22).

Nach dem Leitsatz des Urteils ist die Frage, ob eine „Förderung der Allgemeinheit“ gemäß § 52 Abs. 1 S. 1 AO zu verneinen ist, da eine Körperschaft Bestrebungen verfolgt, die sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland richten, ebenso wie bei § 51 Abs. 3 S. 1 und 2 AO eigenständig und ohne eine die Leistungen der Körperschaft für das Gemeinwohl einbeziehende Abwägung zu entscheiden. Es sei daher im Rahmen der Gesamtwürdigung keine Abwägung zwischen der Förderung satzungsmäßiger Zwecke des Klägers und der Förderung verfassungsfeindlicher Bestrebungen vorzunehmen. Der Bundesfinanzhof hat dabei seine – durch den Gesetzgeber später in § 51 Abs. 3 S. 1 AO umgesetzte – ständige Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 14.03.2018, Az.: V R 36/16) bestätigt, wonach eine Steuerbefreiung ausgeschlossen ist, wenn die Körperschaft (auch) Bestrebungen fördert, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland gerichtet sind.

Nach den Urteilsgründen des Bundesfinanzhofs darf also in die Prüfung, ob eine Körperschaft verfassungsfeindliche Bestrebungen fördert, nicht einbezogen werden, dass die Körperschaft auch Tätigkeiten ausübt, die dem Gemeinwohl dienen. Eine Abwägung zwischen diesen verschiedenen Tätigkeiten sei deshalb abzulehnen, da die Förderung verfassungswidriger Bestrebungen keine Förderung der Allgemeinheit ist. Das Finanzgericht, das eine derartige Abwägung jedoch vorgenommen hatte, habe nunmehr neu zu entscheiden und die Anhaltspunkte, die für die Förderung verfassungsfeindlicher Bestrebungen sprechen, neu zu würdigen.

Die aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zeigt, dass die abgabenrechtlichen Vorschriften zur Steuerbegünstigung bei extremistischen Körperschaften in der Praxis diverse Anwendungs- und Auslegungsfragen aufwerfen können. Es bleibt abzuwarten, zu welchen Ergebnissen die Überprüfung der Finanzgerichte im zweiten Rechtsgang führen wird.