GLÜCKLICHES PRAXISTEAM: SO HELFEN DIGITALE TOOLS BEI DER PERSONALFÜHRUNG
Ein Gastbeitrag von Christian Brendel, Geschäftsführer der solvi GmbH
Achtung, jetzt kommt ein Thema, das manche nicht mehr hören mögen: FACHKRÄFTEMANGEL! Bitte bleiben Sie trotzdem dran – es lohnt sich.
Der härteste Markt
Es ist ja wahr: Vom Bäcker bis zur Anwaltskanzlei, von den Krankenhäusern bis zu den IT-Abteilungen der DAX-Konzerne ist dieselbe Klage zu vernehmen: Unternehmen können ihre offenen Stellen nicht besetzen. Kein Tag ohne trübe Nachricht vom leergefegten Arbeitsmarkt – wer möchte da nicht am liebsten die Misere ignorieren und für sich selbst einfach aufs Beste
hoffen?
Für Praxisinhaber:innen ist das keine gute Idee. Denn ausgerechnet Zahnarztpraxen trifft der Fachkräftemangel besonders hart. Die Konkurrenz um gut ausgebildete, freundliche und
teamfähige Mitarbeitende ist riesig – und die Praxen sind im Wettbewerb mit anderen Branchen in einigen Punkten benachteiligt. Wer hier nicht untergehen will, muss sich überlegen: Wie erreiche ich gutes Personal? Wieso sollten diese Menschen sich entscheiden, bei mir zu arbeiten und nicht woanders? Und wie halte ich sie, möglichst auf Dauer?
Die gute Nachricht ist: Es gibt viele Schrauben, an denen Sie drehen können. Bevor Sie aber über diese Schrauben nachdenken, ist eines essenziell: Arbeitgeber:innen, die trotz Fachkräftemangel ihre Stellen optimal besetzen wollen, müssen verstehen, was Mitarbeitenden heute grundsätzlich wichtig ist. Sie müssen diese Bedürfnisse ernst nehmen und auf sie eingehen. Bei der Umsetzung können im zweiten Schritt dann digitale Tools helfen. Wie das funktioniert, erläutere ich später.
Megatrend Individualisierung
Erst einmal zu den Bedürfnissen gerade von jüngeren Mitarbeiter:innen. Häufig hört man die Klage, die junge Generation (GenZ) habe keinen Biss mehr, sie habe keine Lust sich anzustrengen und fragen schon beim Einstellungsgespräch eher nach Freizeit als nach der Arbeit. Das mag punktuell stimmen.
In vielen Fällen liegt aber möglicherweise eher eine Verschiebung von darunterliegenden Werten und Prioritäten vor – also eine andere Wahrnehmung, wenn sich verschiedene Generationen gegenübersitzen. Unsere Welt ist an verschiedenen Stellen im Umbruch. Die Zukunftsforschung geht von zwölf sogenannten Megatrends aus, die die Welt zurzeit langsam, aber dauerhaft verändern – und die sich auch auf die Arbeit in der Zahnarztpraxis auswirken. Exemplarisch möchte ich zwei dieser Megatrends kurz anreißen. Erstens „Individualisierung und Selbstbestimmung“: Viele – und durchaus nicht nur junge – Menschen folgen heute nicht mehr einem verlangten Pflichtbewusstsein, sondern fragen sich: Was will ICH eigentlich? Sie wollen sich nicht mehr für ein Unternehmen in ihrer Arbeit aufreiben – es sei denn, sie sehen einen Sinn in diesem Tun.
Im zweiten Megatrend „New Work“ verschwimmen zugleich die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben, Arbeit soll sinnstiftend sein, aber auch privaten Interessen Raum geben, weshalb flexible Arbeitszeitmodelle gefragt sind.
Ein attraktiver Arbeitsplatz
Zahnarztpraxen sind hier natürlich erst einmal im Nachteil. Homeoffice und superflexible Arbeitszeiten vertragen sich schlicht nicht mit der Arbeit am Stuhl. Dafür haben Zahnarztpraxen ein anderes Pfund zu bieten: Sie können sinnstiftend wirken. Eine Praxis, die sich dem Motto verschreibt: „Wir machen Menschen gesund und glücklich“ hat sehr gute Chancen, die besonders motivierten Fachkräfte ins Boot zu holen. Wer dann noch den Anspruch hat, nicht nur Patient:innen glücklich zu machen, sondern auch das eigene Team, der wird sich sehr viel leichter tun, gute Leute zu holen und zu halten, als autoritär geführte Praxen, die in erster Linie ihre Gewinnmarge im Blick haben.
Das schreibe ich übrigens als Diplom-Betriebswirt mit einem ausgesprochenen Zahlenfaible, der sich leidenschaftlich gerne mit Controlling in Zahnarztpraxen beschäftigt. Denn natürlich
müssen die Zahlen in Ihrer Praxis stimmen. Effizienz ist unabdingbar für den dauerhaften Erfolg. Aber: Ohne gute Mitarbeiter:innen und eine gute Teamführung werden Sie keine Effizienz erreichen. Und hier kommt die Digitalisierung ins Spiel. Schnelle Rückmeldung dank Personalsoftware Digitale Prozesse in der Verwaltungsarbeit machen eine Zahnarztpraxis nicht nur effizienter, weil Abläufe schneller erledigt werden können und weniger Fehler passieren. Gerade in der Personalführung können digitale Tools zusätzlich für Transparenz im Team sorgen und vielen Bedürfnissen von Mitarbeitenden entgegenkommen.
Was ich damit meine: In erstaunlich vielen Praxen werden Dienstpläne immer noch von Hand geschrieben, in Excel-Tabellen oder auf Papier. Das ist nicht nur total umständlich, sondern sorgt auch für Reibung im Team. Wer zum Beispiel einen Urlaubsantrag stellt und dann wartet und wartet, wird irgendwann sauer. Schließlich will man buchen, die Preise steigen, der Partner oder die Partnerin hängen mit dran. Tritt so etwas häufiger auf, sorgt das für wachsenden Unmut im Team. Hat man dagegen Dienstpläne und Urlaubsplanung digitalisiert, sieht das Personalmanagement auf einen Blick, ob an einer Stelle Engpässe entstehen und kann sofort Bescheid sagen, ob der Urlaub klar geht. Die Software zeigt gleich mit an, wieviel Resturlaub bleibt. Und es können mehrere Personen mit der der Planung betraut werden, was Wartezeiten weiter reduziert.
Transparenz erhöht die Zufriedenheit
Mit Personalsoftwaretools können Zahnarztpraxen Dienstpläne und Urlaubspläne in wenigen Minuten schreiben und Personalakten übersichtlich auf dem aktuellen Stand halten. Für das Personalmanagement ist das eine enorme Erleichterung, die Fehlerquote sinkt, die Zufriedenheit im Team steigt. Weil Entscheidungen viel schneller und auf einer transparenten Basis getroffen werden können.
Bei solvi haben wir schon vor Jahren gemerkt, dass in der Personalverwaltung ein großes Effizienzpotential für Zahnarztpraxen steckt, und unsere Personalsoftware pepito entwickelt. Ein echter Gamechanger ist für die Praxisteams oft, dass die einzelnen Teammitglieder einen eigenen Zugang zu unserem Tool bekommen. Sie behalten dadurch den kompletten Überblick über ihre Arbeitszeitkonten, über Überstunden, Fehltage und ihren Resturlaub, und sie können die aktuellen Dienst- und Urlaubspläne einsehen. Diese Transparenz ist ein echter Faktor, um Streit über vermeintliche Benachteiligungen erst gar nicht aufkommen zu lassen.
Die Mitarbeitenden bleiben selbstbestimmt: Sie können für sich selbst viel besser planen. Die Personalplanung wiederum behält jederzeit den Überblick, wer wann wo arbeitet, auch über mehrere Standorte hinweg. So sieht man, ob die Mitarbeiter:innen tatsächlich nach ihren Qualifikationen eingesetzt werden oder ob sich Ineffizienzen eingeschlichen haben.
Eine gute Basis
Digitale Tools allein sorgen noch nicht für eine vertrauensvolle, wertschätzende Stimmung im Team – aber sie sind eine solide Basis dafür. Sie entlasten das Personalmanagement und unterstützen die Mitarbeiter:innen in ihrem Wunsch nach Selbstbestimmtheit. Heute erwarten Menschen, dass sie in ihrer Persönlichkeit wahrgenommen werden, auch und gerade am Arbeitsplatz, dass sie teilhaben und ihre Ideen einbringen können. Das macht das Personalmanagement manchmal mühsam, aber auch sehr wertvoll. Erfolg braucht viele Stellschrauben, gutes Personal ist vielleicht die wichtigste.
Christian Brendel ist gemeinsam mit seiner Schwester Diana Haber Geschäftsführer der solvi GmbH. Ihr Ziel ist es, Deutschlands Zahnärzt:innen auf dem Weg zu unternehmerischer Freiheit zu unterstützen – mit betriebswirtschaftlicher Beratung, Fortbildungsevents und Software-Tools für Finanz- und Personalprozesse. Wer mehr über Personalführung oder Finanzwissen in der Zahnarztpraxis erfahren will, sollte in den solvi-Podcast „Aufgebohrt“ hineinhören. Hier geht es außerdem zum Software-Tool pepito und zur Firmenwebseite von solvi.
DIE „NEUE“ KLEINUNTERNEHMERREGELUNG IM DETAIL
Viele Zahnarztpraxen ohne „klassisches“ Eigenlabor erbringen neben den zahnärztlichen Leistungen auch zahntechnische Leistungen als sogenannte Chairside-Leistungen, wie zum Beispiel die Zahnfarbenbestimmung. Diese Leistungen werden direkt am Behandlungsstuhl erbracht und fallen dennoch in den Bereich der zahntechnischen Dienstleistungen (BEB/BEL). Grundsätzlich sind
diese Leistungen umsatzsteuerpflichtig und nicht wie die zahnärztlichen Leistungen von der Umsatzsteuer befreit.
Um zu vermeiden, dass jede Zahnarztpraxis eine Umsatzsteuererklärung abgeben muss, gibt es die sogenannte Kleinunternehmerregelung. Dies ist eine Vereinfachung im deutschen Umsatzsteuerrecht, die es Unternehmern (wie bspw. dem Zahnarzt) ermöglicht, auf die Erhebung und Abführung der Umsatzsteuer zu verzichten. Die Regelung richtet sich an Unternehmer, deren umsatzsteuerpflichtige Umsätze eine bestimmte Umsatzgrenze nicht überschreiten.
Neugestaltung der Kleinunternehmerregelung ab 2025
Diese steuerliche Regelung wurde kürzlich in Teilen verändert und für Zahnärzte vorteilhaft gelockert. Unter anderem wurden die Umsatzgrenzen, ab denen Zahnarztpraxen umsatzsteuerpflichtig werden, angehoben. Bis zum 31.12.2024 durfte der umsatzsteuerpflichtige Umsatz im vorangegangenen Kalenderjahr die Grenze von 22.000,00 € und der voraussichtliche Umsatz im laufenden Jahr 50.000,00 € nicht überschreiten.
Die Umsatzgrenzen für die Inanspruchnahme der Regelung werden ab dem 01.01.2025 auf 25.000,00 € im vorangegangenen Kalenderjahr und auf 100.000,00 € im laufenden Jahr angehoben. Zur Berechnung des Höchstbetrags werden die Nettoumsätze herangezogen. Zudem kommt es nicht mehr auf das voraussichtliche, sondern auf das tatsächliche Überschreiten des oberen Schwellenwerts an. Sobald die 100.000,00 € unterjährig überschritten werden, muss der Wechsel von der Kleinunternehmerregelung zur Regelbesteuerung erfolgen.
Dies ist eine wesentliche Änderung, denn bisher wurde die Änderung von oder zur Kleinunternehmerschaft nur für das gesamte Kalenderjahr und nicht unterjährig umgesetzt. Ab der Überschrei-
tung wird die Leistung umsatzsteuerpflichtig und ist mit der darauf anfallenden Umsatzsteuer abzurechnen. Ab diesem Zeitpunkt sind vierteljährliche Umsatzsteuervoranmeldungen an die Finanzverwaltung zu übermitteln.
Im Sinne des Umsatzsteuergesetzes gilt man immer mit allen Tätigkeiten als ein Unternehmen, daher müssen zum Beispiel umsatzsteuerpflichtige Vermietungen im privaten Bereich ebenfalls in die Prüfung der Grenzen mit einbezogen werden.
BEISPIEL:
Zahnarzt Z erbringt bis einschließlich 2024 im Rahmen seiner Heilbehandlungen als selbständiger Zahnarzt umsatzsteuerfreie Umsätze. Mit seiner Dozententätigkeit vereinnahmt er zusätzlich ca. 20.000,00 € pro Jahr und mit der langfristigen Vermietung seiner Eigentumswohnung an die Privatperson M 12.000,00 € jährlich. Z ist mit seiner zahnärztlichen Tätigkeit, der Dozententätigkeit und der Vermietungstätigkeit unternehmerisch tätig (einheitliches Unternehmen). Um den Gesamtumsatz zu prüfen, sind zunächst alle steuerbaren Umsätze heranzuziehen. Davon auszuschließen sind die steuerfreien Umsätze aus der Vermietung und der Heilbehandlung als Zahnarzt, sodass Z einen relevanten Gesamtumsatz von 20.000,00 € hat und damit Kleinunternehmer ist.
Zudem bietet er ab 2025 Bleaching Leistungen an und baut seine Chairside-Leistungen aus. Damit erzielt er bis Ende September 2025 bereits 61.000,00 € Umsatz. Hinzu kommen seine Dozentenumsätze, welche zu dem Zeitpunkt 39.000,00 € betragen. Anfang Oktober 2025 erbringt er eine weitere Bleaching Leistung und überschreitet mit diesem Umsatz die Grenze von 100.000,00 €. Die Bleachingleistung, die die Grenze überschreitet, unterliegt bereits der Umsatzsteuerpflicht. Auch alle folgenden Bleachingleistungen sowie die zahntechnischen Chairside-Leistungen und die Dozententätigkeit sind ab diesem Zeitpunkt umsatzsteuerpflichtig.
Die Neugestaltung der Kleinunternehmerregelung sieht keine eigene Vorschrift für Unternehmensneugründungen vor, weshalb diese automatisch erst einmal als Kleinunternehmer eingestuft werden.
Möchte man auf die Anwendung der Kleinunternehmerreglung verzichten, kann dies laufend oder rückwirkend bis zum letzten Tag im Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres erklärt werden. Dann ist man als Unternehmer fünf Jahre an die Regelbesteuerung gebunden. Wird von vornherein ein Eigenlabor in einer Zahnarztpraxis geplant, kann es sehr vorteilhaft sein, auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten. Dadurch haben Praxen die Möglichkeit, die ihnen in Rechnung gestellte Vorsteuer aus der Anschaffung von Laborgeräten und -ausstattung vollständig geltend zu machen. Diese Vorgehensweise kann die finanzielle Belastung durch Investitionen in das Eigenlabor reduzieren und die Liquidität der Praxis verbessern.
Praxistipp: Umsetzung in der Software
Wie stellt man als PraxisinhaberIn sicher, dass man die oben genannten Umsatzgrenzen nicht unbemerkt überschreitet und damit das Risiko einer Nachzahlung eingeht?
Wichtig ist der regelmäßige Austausch mit dem steuerlichen Berater. Denn grundsätzlich kann dieser aus den KZV- und Patienteneinnahmen sowie den Zahlungseingängen von
Abrechnungsdienstleistern auf dem Bankkonto nicht erkennen, um welche Leistung es sich handelt – ob um umsatzsteuerpflichtige Laborleistung oder umsatzsteuerfreie zahnärztliche Heilbehandlung. Die Praxissoftware ist in der Lage, eine Auswertung der monatlich kumulierten Laborleistungen (Laborstatistik) zu generieren. Wenn diese Auswertung korrekt ein-
gerichtet ist, kann kontinuierlich überprüft werden, ob der Schwellenwert von 100.000,00 € im laufenden Jahr überschritten werden wird.
Es ist ratsam, diese Laborstatistik mit der monatlichen Buchhaltung beim Steuerberater einzureichen. Dieser hat somit diese Umsätze im Auge und kann Sie bei einer drohenden
Überschreitung des Schwellenwerts umgehend informieren sowie die notwendigen Maßnahmen mit Ihnen besprechen. Wichtig ist insbesondere die Umstellung in den Stammdaten der Praxissoftware, dass man dann kein Kleinunternehmer mehr ist und die Rechnungen zuzüglich 7 % (Labor) bzw. 19 % (Bleaching) ausgestellt werden.